Fanny Nagel, 23.5.1864 in Posen

Stiftstr. 15, Do-West

Fanny Nagel war das älteste von vier Kindern des Böttchermeisters Isidor Elkeles und seiner Ehefrau Bertha, geb. Prochownik. Mit ihrer jüngeren Schwester Helene, verh. Behrend (*5.3.1866, Posen, verst. 13.4.1941, Dortmund), war sie ihr Leben lang eng verbunden. Die beiden lebten viele Jahre zusammen. Der jüngere Bruder Samuel Elkeles (*12.10.1867, Posen) verstarb 1935 in Berlin, er betrieb eine Fassfabrik. Der jüngste Bruder Leo Elkeles (*4.4.1869, Posen), Versicherungsagent, verstarb am 22. Mai 1942 in Breslau. 
Nach den Angaben in der Posener Einwohnermeldekartei verließ Fanny Elkeles ihre Heimatstadt erstmals im Jahr 1882 im Alter von 18 Jahren. In Gelsenkirchen betrieb sie im Jahr 1896 gemeinsam mit ihrer Schwester Helene einen Hutladen. In den folgenden Jahren wechselte sie häufig den Wohnort. Nachweislich wohnte sie unter anderem in Herten, Dorsten, Castrop-Rauxel, Gelsenkirchen, längere Zeit in Essen und in Dortmund. Zwischen 1906 und 1915 heiratete sie den Architekten Friedrich Nagel (*12.12.1862, Röhlinghausen), der am 1. November 1920 in Langendreer verstarb.
 
Fanny Elkeles ist seit 1906 mit größeren Lücken als Versicherungsangestellte bzw. Bürovorsteherin im Dortmunder Adressbuch verzeichnet, nach der mündlichen Familientradition führte sie zeitweise das Dortmunder Büro ihres Bruders Leo, der zwischen den Jahren 1903 und 1924 mehrfach ebenfalls in Dortmund lebte. In den Jahren 1920 bis 1922 lebte sie im polnischen Bromberg, das sie nach der Option für die deutsche Staatsbürgerschaft im Folgejahr verlassen musste. Möglicherweise führte sie auch dort das Versicherungsbüro ihres Bruders Leo nach dessen Umzug weiter. 
 
In Dortmund lebte sie zuletzt von 1938 bis 1942 mit ihrer Schwester in der Stiftstr. 15, bevor sie gezwungen wurde, in ein „Judenhaus“ in der Williburgstr. 6 umzuziehen.
 
Fanny Nagel wurde von den Nationalsozialisten infolge der Pogromnacht 1938 wirtschaftlich ausgeplündert. Ihre Pension wurde ihr nicht mehr ausgezahlt, sondern direkt an die Oberfinanzdirektion weitergeleitet. 
Zur Verfügung stand ihr monatlich ein Freibetrag von 150 RM. Der Rest des Vermögens verlieb auf Sperrkonten. 
 
In einem überlieferten handschriftlichen Schreiben vom 17. März 1942 an das Oberfinanzpräsidium von Westfalen fragte sie „ergeben“ an, ob sie monatlich 40 RM über den Sperrbetrag hinaus für ihre „arische“ Schwägerin Louise Elkeles verwenden dürfe, einen zusätzlichen Betrag von 10 RM wolle sie selbst von dem ihr bewilligten Freibetrag einsparen. Der Antrag wurde am 4. Mai 1942 positiv beschieden. Auch ihre anderen Geschwister und deren Familien unterstützte sie finanziell. So wendete sie nach einer Erklärung vom 30. Januar 1940 ihrer „schwer leidende[n]“ Schwester monatlich 40 RM zu. Auch der Witwe ihres Bruders Samuel, die 1937 nach England emigrierte, scheint sie finanziell bei der Entrichtung der Reichsfluchtsteuer geholfen zu haben. Jedenfalls wurden ihrem Sperrkonto mehrfach unter dem Stichwort „Paula Elkeles“ über wechselnde Adressen Geldleistungen aus Guatemala zugeführt, dem Emigrationsort des ältesten Bruders. Es ist anzunehmen, dass diese Beträge als Rückzahlung dienen sollten.
 
Am 29. Juli 1942 wurde Fanny Nagel mit dem Transport X/1 nach Theresienstadt und von dort aus am 23. September 1942 weiter ins Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie ermordet wurde. Ein Brief der Familie nach Theresienstadt kam mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“ zurück.
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