Ida Abresch-Moscher, *5.5.1900 in Dortmund
Mendel Moscher, *8.8.1899 in Bialobrzeg

Heiligegartenstr. 10, Do-Nord

Ida Abresch wurde am 5. Mai 1900 in Bittermark als Kind evangelischer Eltern geboren. Die Familie ließ sich 1919/20 in der Krautstr. 11 nieder.

Ida Abresch brachte am 31. Dezember 1920 ein uneheliches Kind zur Welt, den Sohn Otto. Eine Eheschließung mit dem Kindsvater soll durch ihren Vater verhindert worden sein, da er einer anderen Konfession angehörte.

Idas späterer Ehemann Mendel Moscher zog erstmals im Herbst 1920 für wenige Wochen in die Krautstr. 11. Im Februar 1922 erfolgte sein endgültiger Zuzug.
Am 7. Juni 1922 brachte Ida Abresch eine Tochter zur Welt. Sie starb aber bereits am folgenden Tag. Ob Mendel Moscher der Vater war, konnte bisher nicht eindeutig festgestellt werden, da auch der Beginn der Beziehung nicht feststellbar ist.
Zu der am 2. Dezember 1926 geborenen Tochter Rosa bekannte sich Mendel Moscher aber später eindeutig. Dass es sich damals um eine Zwillingsgeburt handelte, wurde erst durch ein Interview mit der Tochter im Jahr 2006 bekannt. Ihr Bruder Hermann Egon verstarb bereits im Juli 1927.

Nach deutschem Recht lebte das Paar im sogenannten „Konkubinat“, da keine standesamtliche Trauung erfolgt war. Die Tochter Rosa berichtete, die Mutter habe Mendel Moscher nach jüdisch-orthodoxem Ritus geheiratet. Diese inoffizielle Eheschließung erfolgte möglicherweise in einem der jüdischen Betsäle in der Nordstadt.

Im Gegensatz zur jüdischen Kultusgemeinde Dortmunds, die ihren Hauptsitz in der Synagoge am Hiltropwall hatte, genossen die Eheschließungen der religiösen Gemeinschaften der überwiegend galizischen Juden keine staatliche Anerkennung.
Nach Aussagen der Tochter konvertierte Ida – wiederum nicht amtlich – zum Judentum. Die Tochter wurde jüdisch erzogen und besuchte die jüdische Volksschule.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten setzten die Verfolgungsmaßnahmen ein. Nach dem Erlass der „Nürnberger Rassegesetze“ wurde die eheliche Gemeinschaft nicht nur ein Konkubinat, sondern strafbedrohte „Rassenschande“. Mendel Moscher verließ umgehend die eheliche Wohnung und wohnte in der Heiligegartenstraße 10.
Um die Ehe nicht aufgeben zu müssen, unterwarf sich das Paar den nationalsozialistischen Vorschriften. Um Mendel Moscher standesamtlich heiraten zu können, musste Ida Abresch offiziell zum Judentum konvertieren, um damit in den rechtlichen Stand einer „Geltungsjüdin“ versetzt zu werden. Dadurch war sie aber auch allen antijüdischen Maßnahmen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Die Ehe verlor dadurch auch die Schutzfunktion für Mendel Moscher, da es sich nicht mehr um eine sogenannte „bevorrechtigte Ehe“ handelte.
Am 1. Dezember 1937 heiratete das Paar standesamtlich und der Ehemann erkannte gleichzeitig die Tochter als gemeinsames Kind an. Da die Staatsbürgerschaft der Frau von der des Mannes bestimmt wurde und Mendel Moscher polnischer Staatsbürger war, verlor Ida mit der Eheschließung ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit.

Als Ende Oktober 1938 während der sogenannten „Polenaktion“ polnische Juden nach Polen deportiert wurden, wurde die Familie ausgewiesen und an die polnische Grenze deportiert. In Zbaszyn nahe der deutschen Grenze richteten die polnischen Behörden Internierungs- bzw. Übergangslager ein. Im August 1939, kurz vor Kriegsbeginn, siedelte die Familie nach Lublin über und wurde dort nach der deutschen Besatzung in ein Ghetto eingewiesen.

Mutter und Tochter gelang mit Hilfe eines SS-Mannes die Flucht von einem Außenkommando des KZ. Sie tauchten in Lublin unter.

Mendel Moscher wurde im Vernichtungslager Majdanek während der sogenannten „Aktion Reinhardt“ 1942 ermordet.

Wohl mit Hilfe Ihres Sohnes Otto, der damals in Lublin stationiert war, gelang es Ida, ihre deutsche Geburtsurkunde zu bekommen. Dem permanenten Verfolgungsdruck ausgesetzt, ließ sie sich von einem deutschen Gericht in Lublin von ihrem Ehemann scheiden und legte den Ehenamen ab, um sich und die Tochter vor Verfolgungsmaßnahmen zu schützen.
1945 kehrte sie mit ihrer Tochter nach Dortmund zurück und nahm ihren Ehenamen wieder an. Infolge der jahrelangen Verfolgung war sie gesundheitlich schwer geschädigt. Am 21. Februar 1948 verstarb sie in den Städtischen Krankenanstalten an einem Herzleiden.
Da die Krautstraße heute nicht mehr existiert, liegen die Stolpersteine für das Ehepaar vor dem Haus Heiligegartenstraße 10, wo Mendel Moscher 1937 kurzzeitig sein „Ausweichquartier“ bezog.

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