Der ehemalige „Judenturm“ am Wall
Die nach 1200 angelegte Stadtbefestigung bestand aus Stadtmauer, Toren und Türmen. Einer dieser Türme der östlichen Stadtmauer wurde 1350 errichtet und erhielt den Namen „Judenturm“, weil sein Bau aus dem Erlös des zurückgelassenen Besitzes der im Zuge der Pest aus der Stadt vertriebenen Juden finanziert wurde. Im frühen 17. Jahrhundert nutzte die Stadt den Judenturm auch als Gefängnis. Im Jahr 1810 wurde er abgebrochen.
In der christlichen Ständegesellschaft des Mittelalters waren die Juden in eine wirtschaftliche und soziale Außenseiterrolle gedrängt. Als Nicht-Christen durften sie kein Land erwerben und auch in den Städten waren ihre Erwerbsmöglichkeiten stark beschränkt, da ihnen etwa Handwerkerzünfte und Bruderschaften verschlossen blieben.
So wandten sich die Juden notgedrungen jenen Berufen zu, die der Mehrheit als anrüchig galten oder Christen verboten waren. Sie verdienten ihren Lebensunterhalt als Kreditgeber, Pfandleiher, Trödler, Hausierer. Die in den mittelalterlichen Quellen genannten jüdischen Familien Dortmunds lebten nahezu ausschließlich vom Geldhandel und der damit verbundenen Pfandleihe.
Für den Kaiser, die Landesherren und Kirchenfürsten stellten die Steuern und Abgaben, die Juden als Gegenleistung für den Schutz von Leben und Eigentum zu zahlen hatten, eine willkommene Einnahmequelle dar. Für die Juden hingegen bedeuteten die Schutzbriefe immer nur eine relative Sicherheit auf Zeit. Religiös begründete Judenfeindschaft und Beschuldigungen wie Ritualmorde an Christen, Blasphemie oder Hostienfrevel führten immer wieder zu regionalen Pogromen oder Ausweisungen.