Jakob Orlean, *5.10.1903 in Zawiercie
Oesterholzstr. 87, Do-Nord
Spätestens seit 1914 lebte die Familie Orlean in Dortmund, zunächst in der Schlosserstraße 4, später in der Oesterholzstr. 91, dann 87.
Zusammen mit seinem Bruder Heinrich führte Jakob ein Textilwarenhaus in der Oesterholzstr. 87. Hierfür hatte er in Chemnitz und Köln eine kaufmännische Lehre absolviert.
Nachdem das Geschäft seines Schwagers und seiner Schwester in Castrop-Rauxel bei Boykotten am 28. März 1933 überfallen worden und diese ins Ausland geflohen waren, übernahm Jakob Orlean die Abwicklung des Geschäfts in Castrop-Rauxel. Kurze Zeit später wurde dann er selbst von SA-Leuten verhaftet und misshandelt. Wahrscheinlich wurde er in eine SA-Kaserne verbracht. Nach seiner Freilassung floh Jakob Orlean aus dem Deutschen Reich und traf sich mit seiner Schwester und dem Schwager in Paris wieder, wo sie gemeinsam eine Textilfirma betrieben.
Nach dem Beginn des Krieges wurde die Textilfirma kurzzeitig in den Militärbezirk Rouen verlegt, bald darauf in das Département Lot-et-Garonne. Nach Beendigung des deutschen Feldzugs gegen Frankreich schloss sich Jakob Orlean der Résistance an, ließ sich nicht als Jude registrieren und wechselte häufig den Wohnsitz, um nicht entdeckt zu werden.
1941 wurde Jakob Orlean bei der Gestapo denunziert und in verschiedenen Arbeitslagern inhaftiert. Am 24. Februar 1943 wurde er in das Internierungs- und Sammellager Gurs eingeliefert, von hier aus in das Sammellager Drancy gebracht. Mit dem Transport Nr. 51 wurde Jakob Orlean deportiert.
Von diesem Transportzug konnte Orlean am 8. März 1943 in der Nähe von Worms fliehen. Er gab sich als französischer Fremdarbeiter Jacques Orleans aus, als er von der Schutzpolizei aufgegriffen wurde. In Worms lebte Jakob Orlean in einem Arbeiterwohnheim in der Römerstraße und arbeitete als Fremdarbeiter in einer Kleiderfabrik, bis nach zwei Monaten seine wahre Identität aufgedeckt wurde.
Wieder konnte er fliehen und gelangte ins Elsaß, wo er in Mulhouse verhaftet wurde. Von hier aus wurde er ins Polizeigefängnis Mainz verbracht, wo er acht Monate inhaftiert blieb. Am 12. Januar 1944 wurde er in das Polizeigefängnis Frankfurt-Bockenheim überstellt und wenige Tage später nach Auschwitz deportiert.
In Auschwitz erhielt Jakob Orlean die Häftlingsnummer 172856 und wurde dem „Kommando Schneiderei“ zugeteilt. Am 26. Oktober 1944 wurde Jakob Orlean auf Ersuchen des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes Amtsgruppe D mit einem Personenzug in das KZ Stutthof überstellt und von dort aus drei Wochen später nach Echterdingen ins KZ Natzweiler. Am 21. November 1944 kam der Transport an seinem Bestimmungsort an, Jakob Orlean wurde mit der Häftlingsnummer 43285 registriert. Er wurde zwei Wochen lang bei Reparaturarbeiten am Stuttgarter Flughafen eingesetzt, anschließend in das KZ Buchenwald-Außenlager Ohrdruf bei Gotha verschleppt. Hier wurde er mit der Häftlingsnummer 86371 bis April 1945 beim Stollenbau eingesetzt. Jakob Orlean musste mit einem der Evakuierungsmärsche zum Stammlager Buchenwald ziehen, das aber bereits in Auflösung war. Die Marschkolonne zog daher weiter zum KZ Flossenbürg, dann Richtung Dachau. Auf der Landstraße von Nürnberg wurde Jakob Orlean am 26. April 1945 von der US-Armee befreit.